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„Der volle EEG-Zuschlag ist für uns existenzbedrohend“

Die Schonlau Werke gehören zu den drei wichtigsten Arbeitgebern in Geseke. Um möglichst nachhaltig und energiesparend zu produzieren, sind in der Eisengießerei in den vergangenen Jahren viele Hunderttausend Euro in Energieeffizienzmaßnahmen investiert worden. Planungsunsicherheit durch hohe Energiekosten und das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) beeinträchtigen jedoch weitere Investitionen.

Markus Dürkes ist ein mittelständischer Unternehmer, der auf eine lange Tradition von Gießerei-Lenkern zurückblicken kann: 1904 gründete Urgroßonkel Josef Schonlau das Werk, das heute 170 Mitarbeiter beschäftigt. Mittlerweile leitet Dürkes die Gießerei in vierter Generation. Vor ihm fährt ein Hallenkran gerade brummend eine Gießpfanne zu einer Position wenige Meter vor dem 5-Tonnen-Induktionsofen, der gemächlich vor sich hin summt. Gemeinsam mit ihm betrachtet Betriebsleiter Josef Beinert das funkensprühende Spektakel. Der Fünf-Tonnen-Koloss kippt langsam – dann ergießt sich die 1.400 Grad heiße, rotglühende Gusseisenschmelze in die Gießpfanne, die wie eine überdimensionale Gießkanne aussieht und gleich an der automatischen Formanlage beim Abguss zum Einsatz kommen wird.

Alltag im Werk im Ostwestfälischen Geseke, wo u. a. Teile für Antriebstechnik, Maschinen und Apparate, den Schienenfahrzeug- und Schiffsbau sowie Stalltechnik gefertigt werden. Das sind z. B. Bahnbremsscheiben, Planetenträger für Bagger oder Bodenroste für Schweineställe. Um Abhängigkeiten einzelner Branchen zu vermeiden, achtet Dürkes darauf, dass der Umsatzanteil je Kunde zehn Prozent nicht überschreitet. Mit Erfolg: 30 Mio. Euro Umsatz konnten die Schonlau Werke 2019 erwirtschaften – eines der besten Geschäftsergebnise bisher.

 

Abguss an der automatischen Formanlage. 170 Mitarbeiter fertigen in der Eisengießerei Bauteile für zahlreiche Branchen.

Bild: © Andreas Bednareck

 

Geschafft haben das die Schonlau-Werke zum einen mit dem soliden Geschäftskonzept, das Abhängigkeiten verteilt und so Einbrüchen einzelner Branchen besser widersteht, zum anderen aber auch mit zahlreichen Energieeffizienzmaßnahmen, um den hohen Posten zu senken, den Stromkosten in Deutschland einnehmen. Die Hallen wurden isoliert, das Druckluftsystem auf Leckagen durchleuchtet und optimiert sowie ein Energiemanagementsystem nach DIN EN ISO 500001 eingeführt. Zudem werden die Hallen mit Abwärme geheizt und mit energieeffizienten LED-Lampen beleuchtet. Weit über eine halbe Million Euro flossen allein in Energieeffizienz. Mehrere Hunderttausend Euro wurden darüber hinaus in den Umweltschutz investiert. Die Gießerei hat die Vorgaben bei Emissionsschutz und Staubbelastung übererfüllt.

In der 20.000-Einwohner-Stadt Geseke und der unmittelbaren Region gehören die Schonlau-Werke zur Top 3 der Arbeitgeber. Weitere größere Arbeitgeber sind zwei Zementwerke mit jeweils rund 50 Mitarbeitern und der Büromöbelhersteller Sedus, der 200 Personen beschäftigt. Damit erfüllt die Eisengießerei eine bedeutende Rolle für das wirtschaftliche Wohlergehen der Bürger in der Region im Nordwesten Nordrhein-Westfalens. Trotz großer Investitionen in Energieeffizienz bleiben die hohen Energiekosten ein massiver Unsicherheitsfaktor bei der Investitionspolitik des Mittelständlers. Zwar konnten durch die EEG-Teilbefreiung des Betriebs existenzbedrohende Mehrbelastungen abgewendet werden. Das Kostenkorsett, das den wirtschaftlichen Handlungsspielraum der Unternehmen hierzulande mit den weltweit höchsten Energiekosten einengt, sowie der hohe Aufwand, der erforderlich ist, um die Teilbefreiung zu begründen, zehren jedoch erheblich an den Ressourcen des Unternehmens.   

Mit den EEG-Zuschlägen wird die Energiewende in Deutschland finanziert. Alle Unternehmen und Bürger müssen sie bezahlen. Eine Teilbefreiung für Gießereien wurde 2016 federführend vom Bundesverband der Deutschen Gießerei-Industrie (BDG) erreicht und später noch einmal nachjustiert. Unternehmen, bei denen die Stromkosten mehr als 14 Prozent der Gesamtkosten betragen, kommen für eine Teilbefreiung in Frage. „Hierfür ist ein hoher administrativer Aufwand nötig“, betont Dürkes. „Mögliche Fehler, oder fehlende Unterlagen können bei der Antragstellung in Teilbereichen nachträglich kaum korrigiert werden – da sind die Vorgaben des Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) wesentlich strenger als selbst beim Finanzamt“, ergänzt er.

Und es geht dabei nicht um wenig Geld für die Schonlau-Werke. Müssten die Geseker den vollen EEG-Zuschlag tragen, wäre ihre Stromrechnung jährlich um fast 700.000 Euro höher. Bei einer durchschnittlichen Rendite von 1 – 2 Prozent, würde der Verlust der EEG Begrenzung nicht nur zu einem kompletten Verlust dieser Rendite führen, sondern zu einem jährlich sechsstelligen Verlust. Darüber hinaus ist für die EEG- und Energiekostenadministration ein halber Mann mit einem 60.000 Euro-Gehalt erforderlich und etliche Tausend Euro für Audits und Wirtschaftsprüfer. Angesichts der starren Grenze von 14 Prozent, die der Stromkostenanteil beim EEG nicht unterschreiten darf, droht engagierten Vertreter von Energieeffizienzmaßnahmen wie Dürkes bei einer zu großen Senkung der Stromkosten zudem der Verlust der Teilbefreiung. Eine Absurdität im Gesetz, die sinnvolle Sparmaßnahmen abbremst, statt sie zu belohnen.

Inzwischen wird auch in den Schonlau-Werken Kurzarbeit gefahren. „Die Unternehmen liegen am Boden, aber die Stromkosten steigen schon wieder“, hat Dürkes beobachtet. Lagen Sie vor Corona bei rund 45 Euro pro Megawattstunde und zwischenzeitlich bei 33 Euro, steigen sie jetzt wieder auf über 40 Euro an. Das Preisniveau bleibt hoch – der Druck im Kessel ebenfalls. 

Zugleich überzeugt Dürkes die Richtung bei der Energiewende nicht wirklich: die „Industrialisierung“ seines Wohnorts südöstlich von Paderborn durch Windräder, die ökologische Materialschlacht und die sehr ideologisch geprägte Diskussion über die zukünftige Energieversorgung machen ihn skeptisch. Ihm zufolge fehlt es an Aufklärung, aber auch an Mut: „Gibt es keine Alternativen wie Wasserstoff, e-fuels, oder den optimierten Diesel?“, fragt er mit Blick auf die Mobilitätswende. In diesem Jahr hält er einen Geschäftsabschluss mit einer schwachen schwarzen Null im Unternehmen zwar noch für möglich. „Wenn die Konjunktur aber weiter runtergeht, wird es schlimm“, befürchtet er.

Dürkes‘ Haltung zur Energiewende zeigt ihre Schwächen: Hoher Administrationsaufwand, wenig Toleranz in den Ämtern, starre Regeln, die Existenzen kosten können, und das alles bei Energiekosten auf Rekordniveau. Es sind schwierige Voraussetzungen für den Geseker Mittelständler, um seine Rendite zu bewahren und seiner gesellschaftlichen Verantwortung gerecht zu werden. 

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